Finanzielle Vorteile einer Legalisierung

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Was eine Legalisierung wirtschaftlich bringen würde, wird kaum thematisiert. Das Thema bietet jedoch viel Gesprächsstoff.

Die mögliche Legalisierung von Cannabis bringt viele verschiedene Themen auf den Tisch. Gesprochen wird über die gesundheitlichen Auswirkungen, Prognosen zu Konsumveränderungen, Prävention, Konsumentenschutz, Repression und die politische Machbarkeit. Über die finanziellen Vor- und Nachteile ist nun endlich auch eine Studie für die Situation in der Schweiz erschienen: Oliver Hoff von der Universität Genf hat geforscht. Einerseits wird die aktuelle Situation begutachtet und andererseits werden die finanziellen Auswirkungen verschiedener Legalisierungsszenarien modelliert. So soll herausgefunden werden, welches Ausmass an Regulierung sinnvoll wäre.

Status Quo (Schwarzmarkt): 1 Milliarde jährlich!

1 Milliarde Schweizer Franken. Rund so viel Umsatz ist in der Schweizer Volkswirtschaft auf den Cannabis-Konsum zurückzuführen. Neben direkten Einflüssen wie Produktion und Handel werden bei dieser Zahl auch indirekte Einflüsse wie zum Beispiel das Gesundheitswesen und die Strafverfolgung berücksichtigt.

Dieser hohe Umsatz ist neben der Menge der konsumierten Produkte (ca. 175’000 Joints pro Tag) vor allem auf die extrem hohen Gewinnmargen im Schwarzmarkt zurückzuführen. Rund 430 Millionen (43% des Gesamtumsatzes) sind direkt auf illegale Aktivitäten zurückzuführen.
Diese Verteilung des Umsatzes ist für die Gesamtgesellschaft klar unvorteilhaft. Illegale Akteure profitieren, während die Allgemeinheit auf den Kosten sitzen bleibt. In einem legalen Cannabismarkt würde sich einiges verändern: der Umsatz ginge wohl in jedem Fall zurück, da die Gewinnmargen vom Schwarzmarkt in dieser Weise nicht weiterbestehen würden. Wie genau der Umsatz in einem legalen Cannabismarkt weiterbestehen würde, hängt jedoch stark vom gewählten Szenario ab.

Legalisierung gestalten: Modelle für die Zukunft

Die Studie „Cannabis in der Schweizer Volkswirtschaft“ wagt sich neben der Analyse der heutigen Situation auch an Zukunftsprognosen. Drei verschiedene Szenarien einer Legalisierung werden auf ihre wirtschaftlichen Auswirkungen untersucht.

Das CSC-Szenario geht von einer Legalisierung der genossenschaftlichen Produktion im Rahmen von Cannabis Social Clubs aus. Die Produktion, der Vertrieb und der Konsum von Cannabis wird in registrierten Clubs für Erwachsene organisiert. Dieses System existiert derzeit in verschiedenen Ländern, so zum Beispiel in Uruguay. Der Pilotversuch in Zürich, welcher in den nächsten Monaten starten sollte, beinhaltet ebenfalls Social Clubs. In einem CSC-Szenario könnte der Schwarzmarkt laut Hoff kaum vollständig ausgetrocknet werden, da eine Anmeldung in einem Social Club für Gelegenheitskonsument*innen ein ziemlich grosser Aufwand darstellen würde. Regelmässig Konsumierende hingegen würden von der Rechtssicherheit in den Clubs profitieren können.

Im stark regulierten Szenario wird ein legaler Markt aufgezeichnet, der Produktion und Handel in lizenzierten Unternehmen aus der Privatwirtschaft legalisiert. Konsum und Besitz sind auch legal. Cannabis wird nach Gewicht und Verkaufswert besteuert. Die konkrete Ausgestaltung des Modells orientiert sich an einer aktuellen Vorlage aus Neuseeland.

Ein Freier Markt würde eine kommerzielle Legalisierung auf einem gewinnorientierten Markt mit wenigen cannabisspezifischen Regelungen beinhalten. Cannabis wäre ein Produkt unter vielen und würde ähnlich wie andere Konsumgüter reguliert. Die Besteuerung erfolgt ausschliesslich über die übliche Mehrwertsteuer.

Umsatz und Steuern nach der Legalisierung

Der Gesamtumsatz in der Schweizer Wirtschaft würde im Vergleich zum Status Quo in jedem Fall zurückgehen. Am tiefsten fällt er mit einem prognostizierten Umsatz von 195 Mio. CHF im Szenario „Freier Markt“ aus. In diesem würden in einem Konkurrenzkampf die Gewinnmargen und die Produktionskosten auf ein Minimum reduziert. Steuereinnahmen gäbe es kaum nennenswerte, wodurch anfallende Präventions- und Gesundheitskosten von der Allgemeinheit getragen werden müssen. Dies ist insofern problematisch, als dass diese Kosten in einem solch unregulierten Markt verglichen mit anderen Szenarien vermutlich am höchsten ausfallen würden.
In einem stark regulierten Markt würden bei einer der Tabak-Steuer ähnlichen Steuerlast Einnahmen von bis zu einer halben Milliarde Franken generiert werden. Diese könnten zweckgebunden für Prävention, Konsumentenschutz und die Deckung der sozialen Folgekosten eingesetzt werden, so die Studie. Der errechnete Gesamtumsatz beläuft sich in einem stark regulierten System auf 275 Mio. CHF.
Am höchsten fällt der Gesamtumsatz im CSC-Szenario mit 650 Mio. Franken aus.

Bei der Besteuerung eines legalen Cannabismarktes müssen die Wechselwirkungen mit dem Schwarzmarkt unbedingt berücksichtigt werden. Da der Schwarzmarkt heute eine beachtliche Grösse hat, wird er auch mit der Einführung eines legalen Marktes kaum über Nacht verschwinden. Das zeigt sich auch an den Erfahrungen aus anderen Ländern, wie beispielsweise Kanada.
Es gibt mehrere beachtenswerte Problemstellungen: Jugendliche Schwarzmarktkunden finden keinen Platz in einem legalen Cannabismarkt. Weiter wird der Schwarzmarkt die Preise im legalen Markt zu unterbieten versuchen. Mit den heutigen Gewinnmargen besteht ein ziemlich grosses Potenzial, in einem Preiskampf relativ lange mitzuhalten. Diese Wechselwirkung spricht dafür, die Steuerlast im legalen Markt zu Beginn eher tief zu halten, um in einem ersten Schritt den Schwarzmarkt zu verdrängen. Ist dieser einmal stark geschwächt, kann die Steuerlast angehoben werden.

Repression und Gesundheit im legalen Markt

In einer Anfangsphase würde eine Legalisierung wohl kaum zu einer Entlastung der Repressionsorgane führen. Einerseits wäre es das erklärte Ziel, dem Schwarzmarkt den Kampf anzusagen und andererseits müsste der neu eingeführte Markt wohl relativ strikten Kontrollen unterstehen.

Die prognostizierten Gesundheitskosten werden von vielen Faktoren beeinflusst. In einem Szenario des „freien Marktes“ wird mit einem moderaten Kostenanstieg ausgegangen. Grund dafür ist ein erwarteter Anstieg der Konsument*innenzahlen, da ein freier Markt neben tiefen Preisen auch eine sehr einfache Zugänglichkeit und Werbemöglichkeiten bieten würde.
In einem stark geregelten legalen Markt wird hingegen davon ausgegangen, dass Präventionsbotschaften und Suchthilfeangebote in Kombination mit einem ausgebauten Konsumentenschutz die Gesundheitskosten positiv beeinflussen könnten. Eine verlässliche Angabe kann aber auf Grund der extrem komplexen Zusammenhänge nicht getroffen werden.

Was bringen solche Studien?

Die Studie von Oliver Hoff arbeitet zwar in vielen Aspekten mit stark vereinfachten Modellen, bietet aber eine wichtige Grundlage für die politische als auch die wissenschaftliche Arbeit in Bezug auf eine Legalisierung von THC-haltigem Cannabis. So konnte aufgezeigt werden, dass verschiedene Legalisierungsszenarien zwar grosse Unterschiede aufweisen, insgesamt aber auch in Bezug auf die finanziellen Auswirkungen eine vielversprechende Möglichkeit darstellen. Sowohl in diesem Feld als auch in anderen Bereichen, so zum Beispiel im Konsumentenschutz, könnte mit wissenschaftlicher Arbeit noch vieles mehr zur politischen Diskussion beigetragen werden.

Links:
Cannabis in der Schweizer Volkswirtschaft (gekürzte deutsche Version der Studie)
– Heutige Cannabis-Regulierung ist ökonomisch ineffizient – Jungfrau Zeitung
Les retombées économiques du cannabis en Suisse – unige.ch (Communiqué de presse)